95 Jahre wird er heute alt, der Weltspartag! Ein stolzes Alter, dem ein entsprechender Respekt gebührt – auch wenn dies in Zeiten fehlender bis negativer Sparzinsen schwer fällt.
1924, im Zuge des Sparkassenkongresses in Mailand entstand die Idee für den Weltspartag, mit dem man jedes Jahr im Oktober die Bevölkerung daran erinnern wollte, auch ein paar Groschen für später zurückzulegen. Anfangs als pädagogische Maßnahme gedacht, avancierte der Weltspartag insbesondere in den 60er, 70er und 80er Jahren zum Osterfest der Spargemeinde. Am Weltspartag konnten die Kinder ihre Sparschweine in den mit Luftballons geschmückten Bankfilialen abgeben, es gab Torwandschießen und für die Erwachsenen ein Glas Sekt.
Heute müssen die Sparkassen schon Onlineshopping-Gutscheine oder wenigstens eine Sporthülle fürs Smartphone verschenken und riesige Hüpfburgen aufstellen, damit überhaupt jemand merkt, dass Weltspartag ist. Einen Vorwurf kann man daraus wohl niemandem machen, denn die Zinsen der 70er Jahre sind längst Vergangenheit.
Das Paradoxe: Den Zins gibt es zwar nicht mehr und der Weltspartag interessiert, abgesehen von Knaxx-Club Mitgliedern (gibt es den eigentlich noch...), auch niemanden, aber gespart wird in Deutschland trotzdem noch fleißig! 2018 sparten die Deutschen rund 206 Milliarden Euro. Der Größte Anteil ging mit 41% auf Tagesgeld- oder Girokonten, dicht gefolgt von Geldanlagen in Versicherungen, die ebenfalls unter den niedrigen Zinsen leiden (Quelle: Statista.com). Gerade einmal 16% der Deutschen über 14 Jahre haben überhaupt Geld in Aktien oder Aktienfonds angelegt (Quelle: DAI, 2019).
Nach dem Vorbild des Weltspartages bräuchten wir also einen zeitgemäßen Nachfolger, „Weltanlegertag“ oder so ähnlich.
Das Ziel muss es sein, Kapitalanlage zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen und Berührungsängste abzubauen. Aus meiner Beratung weiß ich, dass gerade Frauen dazu neigen, lieber keine Entscheidung zu treffen, bevor sie einen Fehler machen. Der Anspruch, alles perfekt zu machen führt entweder dazu, dass gar nichts passiert oder dass viele Bücher zum Thema Geld und Finanzplanung gelesen werden, am Ende aber trotzdem nichts bis wenig passiert.
Dabei gilt: Eine Anlagestrategie muss nicht perfekt sein bzw. die Frage ist ja, was perfekt in diesem Kontext überhaupt bedeutet.
Allerdings hilft eine Finanzplanung sehr dabei, Entscheidungen zu treffen und sich mit der eigenen Strategie zu identifizieren. Insbesondere in einem Umfeld, in dem "sichere" Anlagen keine Renditen mehr erwirtschaften, ist das ein wichtiger Punkt. Denn die Identifikation mit der eigenen Anlagestrategie sorgt dafür, dass beispielsweise Schwankungen der Kapitalanlagen im Depot sehr viel leichter auszuhalten sind und man die langfristig gesetzten Ziele auch wirklich erreicht.
Hierbei ist es übrigens absolut nicht erforderlich, sich ständig mit dem Thema zu beschäftigen. Die meisten haben doch Wichtigeres zu tun und möchten einfach Sicherheit haben, die den Kopf frei macht.
Noch dazu kommt der von mir immer wieder genannte Punkt: Es geht nicht um die Frage, wie viel gespart werden muss. Vielmehr beantwortet die Finanzplanung die Frage: Wie viel kann ich ausgeben?
"Spend, what is left after investing"
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